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Publication details [#4317]

Eick, Martin H. 1996. Eine sprachanalytische Theorie der Metapher. URL
Publication type
Unpublished manuscript
Publication language
German
Place, Publisher
Köln, Germany

Abstract

Der erste Teil der vorliegenden Arbeit beschäftigt sich mit der Theorie der Metapher, die Christian Strub in seinem Buch "Kalkulierte Absurditäten" entwickelt. Es soll versucht werden, seinen an der sprachanalytischen Philosophie orientierten Ansatz kritisch darzustellen und in den weiteren Kontext anderer, verwandter Metapherntheorien zu stellen. Eine Konsequenz der Theorie Strubs ist es, daß die oft überzogenen Ansprüche an die (letzten Endes so immer "geheimnisvoll" bleibende) Macht der Metapher beschnitten werden und diese Theoretiker sich an strengeren Maßstäben argumentativer Kohärenz messen lassen müssen. Traditionelle Literaturtheorien und dem, im weiten Sinne verstandenen, hermeneutischen Paradigma verpflichtete Philosophen glauben, daß das Anlegen strengerer wissenschaftlicher Maßstäbe durch einen Rückzug auf die Unexplizierbarkeit des "höheren" metaphorischen Bedeutungsgehaltes verhindert werden könne. Strub könnte dem entgegen halten, daß dies auf einem Mißverständnis der spezifischen Leistung der Metapher basiert. Es gibt nicht die Bedeutung einer Metapher, die dann unmöglich in nicht-metaphorischer Sprache angemessen zu fassen wäre, vielmehr geht es mit der Metapher um einen Ansatzpunkt zu einer Betrachtung eines Sachverhaltes von einer bestimmten Warte aus, nicht aber wird der Inhalt, das Ergebnis dieser Sicht bereits vermittelt. Das Resultat des "Sehens" ird in der emphatischen (s.u.) Metapher nicht vorweggenommen, dies bleibt der Vergleichs- oder Substitutionsmetapher vorbehalten, die jedoch keinen solchen geheimnisvollen Status besitzt, sondern zu recht unter die traditionellen rhetorischen Tropen zählen kann. Ein besseres Verständnis des "Wesens" der Metapher trägt so nicht nur zur Klärung literaturwissenschaftlicher Grundlagen bei, sondern hat aufklärende und aufklärerische Funktion für die geisteswissenschaftliche Arbeit überhaupt, da das argumentative Verfahren, das den Charakter der Geisteswissenschaften wesentlich prägt, ein metaphorisches ist. Wenn hier Positionen widersprochen wird, die im Zeichen der Metapher sich von intersubjektiv überprüfbaren Ansprüchen wissenschaftlicher Sprache abwenden, mit dem platten Verweis auf Mängel der am Exaktheitsideal der Naturwissenschaften orientierten Forschung, so soll dies nicht heißen, daß metaphorisches Sprechen per se den Wissenschaften nicht angemessen wäre, velmehr soll die Leistung der Metapher realistischer eingeschätzt und damit vor Überschätzungen bewahrt werden. Im zweiten Teil der Arbeit sollen die an einer rein synchronen Sicht der Metapher orientierten Ergebnisse des ersten Teiles unter einer diachronen Sicht der Metapher bewährt werden. Hier kann die oben eingeforderte Leistung der Metapher an der historischen Gestalt der Sprache aufgezeigt werden. Weite Teile der Sprache sind "eingefrorene", "tote" Metaphern, die die Leitlinien für unser weiteres metaphorisches Sprechen vorgeben, sie bilden einen bedeutenden Teil des gemeinsamen kulturellen Gedächtnisses einer Gesellschaft. (Martin Eick)