Die Pallas-Redaktion der Petersburger Vocabularia comparativa und ihre Bedeutung für die Entwicklung der slavischen Sprachwissenschaft
Zusammenfassung
Die 1787–1789 in St. Petersburg von Peter Simon Pallas (1741–1811) gedruckten Vocabularia comparativa der Zarin Katharina II. enthalten zu 285 mehr oder weniger elementaren russischen Wörtern Entsprechungen in 200 Sprachen. Den auf den Zeilen 1–12 prominent platzierten slavischen Teil hat Josef Dobrovský (1753–1829) in seiner Vergleichung der Russischen und Böhmischen Sprache (1796) recht kritisch besprochen. Vor allem hat er darin die unbefriedigende Dokumentation des Tschechischen und Slovakischen und deren merkwürdige und z.T. fehlerhafte kyrillische Transkription zu verbessern gesucht, manche bessere Äquivalente vorgeschlagen und in seinen Kommentaren häufig auf die unterschiedlichen Lautungen in den slavischen Wörtern ein und desselben Lemmas hingewiesen. Schon 1794 hat er erkannt, dass in mehreren Fällen die Verteilung dieser Unterschiede regelmäßig zu sein scheint und eine areale Aufteilung der slavischen Sprachen in eine südöstliche und eine nordwestliche Gruppe (Russisch und Serbisch vs. Polnisch und Tschechisch) anzunehmen nahelegt. Noch in den neunziger Jahren hat er eine verbesserte Ausgabe des Wörterbuchs zu planen begonnen, dafür u.a. 1815 die bei Pallas noch fehlende kajkavische Wortliste publiziert und mit seiner Vergleichung als Vorbild 1822 Vuk Karadžić (1787–1864) zur Verbesserung der serbischen Liste und zur Erstellung einer bulgarischen angeregt. Überzeugend lässt sich zeigen, dass die von Aleksandr Vostokov (1781–1864) 1820 eingeführte und bis heute verbreitete Aufteilung der slavischen Sprachen in drei Gruppen (Ost-, West- und Südslavisch) direkt an Dobrovskýs Vorschlag anschließt und in mancher Hinsicht von dessen sorgfältiger Verbesserung der Mängel und Inkonsequenzen in den slavischen Einträgen der Vocabularia comparativa profitiert hat.