Maria Tymoczko, Laura Fourgon und Christian Palm Zwei Traditionen des Übersetzens früher irischer Literatur

Übersetzung
Zwei Traditionen des Übersetzens früher irischer Literatur

Maria Tymoczko University of Massachusetts, Amherst
Übersetzt von Laura Fourgon und Christian PalmUniversity of Massachusetts, Amherst

Die Übersetzungen früher irischer Materialien ins Englische werden von einer wissenschaftlichen und einer literarischen Übersetzungstradition geprägt, die sich in Praxis und Norm deutlich voneinander unterscheiden. Untersucht werden die Auswirkungen der Macpherson-Debatte, des irischen Nationalismus und der irischen Sprachbewegung, die allesamt diese beiden Übersetzungstraditionen definieren und polarisieren. In der historischen Poetik muss die Analyse berücksichtigen, in welcher Art und Weise die historischen Umstände zu einem Übersetzungssystem führen können, das in sich selbst derart differenziert erscheint, dass die Untersuchung eines Teils dieses Übersetzungssystems nicht unbedingt aussagekräftig für das gesamte System ist oder dieses widerspiegelt.

Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

Die Übersetzungen früher irischer Literatur ins Englische lassen sich in zwei Haupttraditionen unterteilen: in literarische Übersetzungen einerseits und wissenschaftliche Übersetzungen andererseits. Diese beiden Übersetzungstraditionen bilden in der Terminologie der Polysystemtheoretiker quasi ein Paradebeispiel für die Unterscheidung zwischen einer „akzeptablen“ [anerkannten] Übersetzung und einer „adäquaten“ [angebrachten] Übersetzung. Gemeint ist hiermit der Unterschied zwischen auf das Zielpublikum gerichteten Übersetzungen einerseits und jenen Übersetzungen, die sich am Ausgangstext orientieren, andererseits. In der ersten Gruppe findet man Übersetzungen, die äußerst lesbar sind und sogar stilistische Verdienste im Englischen für sich beanspruchen können, vom Text und den sprachlichen Strukturen der Originale jedoch radikal abweichen. Augusta Gregorys Übersetzungen sind ein treffendes Beispiel hierfür. Die zweite Gruppe besteht aus textnahen Übersetzungen wie denen von Whitley Stokes und Cecile O’Rahilly, die beinahe unlesbar sind und keinerlei literarischen Mehrwert erzielen.

Übersetzungen in gleich welchem literarischen System können in wissenschaftliche oder literarische, akzeptable oder adäquate, ausgangs- oder zielorientierte unterteilt werden. Doch diese Polaritäten haben sich bei den Übersetzungen früher irischer Literatur ins Englische drastisch verstärkt und sind dort weitaus stärker ausgeprägt als bei Übersetzungen in den meisten Bereichen und insbesondere im Bereich der mittelalterlichen Literatur. Im Fall der altfranzösischen Literatur beispielsweise ist der Gelehrte Joseph Bédier ebenfalls verantwortlich für erfolgreiche und populäre literarische Übersetzungen der beiden Werke La Chanson de Roland und Tristan et Iseut. Im Bereich des Mittelenglischen sorgte der Gelehrte J.K.K. Tolkien dafür, dass die literarischen Übertragungen der Werke Gawain and the Green Knight, The Pearl und Sir Orfeo ins moderne Englisch ästhetisch zu gefallen wussten. Sogar im Bereich der mittelwalisischen Literatur findet man lesbare, wenn auch veraltete literarische Übersetzungen der Gelehrten Gwyn Jones und Thomas Jones sowie literarische Übersetzungen des Gelehrten Patrick Ford. Die wissenschaftlichen und literarischen englischen Übersetzungen früher irischer Literatur sind dahingegen in Bezug auf Ausrichtung, Übersetzungsstrategie, Publikum und Übersetzer radikal polarisiert. Darüber hinaus sind nur wenige Übersetzungen im Kontinuum zwischen diesen Polen angesiedelt. Dieser Aufsatz wird den Ursprung der beiden Übersetzungstraditionen und die Kräfte, die diese auseinander getrieben haben, erforschen.

2.Zwei Übersetzungsstrategien

Um die Abweichungen dieser Übersetzungstraditionen zu illustrieren, können wir die von Whitley Stokes und Augusta Gregory angefertigten Übersetzungen eines Textauszugs aus The Second Battle of Mag Tuired [Die zweite Schlacht von Mag Tuired] miteinander vergleichen. Der Auszug beschreibt den Auftrag des Dagda, die Formoiri hinzuhalten:

Foides ierum Lug an Dagdae de tascelad forsna Fomhorib 7 dia fuirech go tíostais fir Erenn den cath.

Luid iarum an Dagdae go loggfort na Fomore 7 cunges cairde cathai forrai. Dobreth do amail conanoich. Degnither lite do lasna Fomori, 7 ba dia cudbud on, oir ba mor serc liten lasium. Nos-lintar core coecduirn an roig dóu, a ndechotar cetri ficet sesrai do lemlacht 7 a cubat cétnai de men 7 beoil. Doberthar gabair 7 coerig 7 mucau indtie, 7 nos-combruithiter lei. Nos-dortiter a nderc talman dou, 7 atbert [Indech] fris no imberthau fair bas mono tomledh ule, ardaig na berad ecnach Fomore co rocaithed a said.

Gabois iersin a leig 7 ba himaircithe go tallfad lanomain ina lige foro laur na leghi. IT e didiu m[ír]ionn fordurauhotar inde, lethau tindei 7 cethromthu bloinge.

IS ann adbert in Dagdae: „Fo bioath indso ma rosaigh a broth an rosaig a blas.“ Antan immorro noberid an leg laun ina beolu, is adn adbered: „Nis-collet a micuirne,“ ol in sruith“ [sic].

Dobeir-sium immorro a mer cromm tar domain an dercu foderid itir ur 7 grioan. Dolluid cotlud foair ierum ar caitem a liten. Ba mediter scabol tige a bolc fair, gon tibsid im sodain na Fomore.

Luid uaidib ierum co Trachta Ebae. Niruho herosai tra den laech imdecht lie mét a bronn. Ba drochruid a congraim. Cochline go bac a di ullend. Inor aodhar imbe go foph a tonai. Is ed deno uchtlebar penntol. Da broicc imbe di croicinn capoild 7 a find sechtoir. Gabol gicca rothach feidm ochtair ina diaid, go mba lór do clod coicrice a slicht ‘nadegaidh, gonad dei dogaror Slicht Loirge an Dagdai.(Basierend auf Stokes 1891, 84–86)

Whitley Stokes gab den Text in obiger Fassung heraus und fügte dieser Ausgabe des Auszugs in der Revue celtique, einer der führenden Zeitschriften für keltische Studien der damaligen Zeit, die folgende gegenüberliegende Übersetzung bei:

Then Lugh sent the Dagdae to spy out the Fomorians and to delay them until the men of Ireland should come to the battle.

So the Dagdae went to the camp of the Fomorians and asked them for a truce of battle. This was granted to him as he asked. Porridge is (then) made for him by the Fomorians, and this was (done) to mock him, for great was his love for porridge. They fill for him the king’s caldron [sic passim], five fists deep, into which went four-score gallons of new milk and the like quantity of meal and fat. Goats and sheep and swine are put into it, and they are (all) boiled together with the porridge. They are spilt for him into a hole in the ground, and (Indech) told him that he would be put to death unless he consumed it all; he should eat his fill so that he might not reproach the Fomorians (with inhospitality).

Then the Dagdae took his ladle, and it was big enough for a man and woman to lie on the middle of it. These then are the bits that were in it, halves of salted swine and a quarter of lard.

Then said the Dagdae: „Good food this, if its broth attains what its taste attains.“ But when he used to put the ladle full into his mouth, then he would say: „It… do not spoil it,“ says the old man“ [sic].

Then at the end he puts his curved finger over the bottom of the hole among mould and gravel. Sleep came upon him then after eating his porridge. Bigger than a house-caldron was his belly, so that the Fomorians laughed at it.

Then he went away from them to the strand of Eba. Not easy was it for the hero to move along owing the bigness of his belly. Unseemly was his apparel. A cape to the hollow of his two elbows. A dun tunic around him, as far as the swelling of his rump. It is, moreover, long-breasted, with a hole in the peak. Two brogues on him of horse-ride, with the hair outside. A wheeled… fork (to carry) which required the effort of eight men, behind him so that its track after him was enough for the boundary-ditch of a province. Wherefore it is called The Track of the Dagdae’s Club.(Stokes 1891, 85–87)

Dann schickte Lugh den Dagdae, um die Fomorians auszuspionieren und sie aufzuhalten, bis die Männer Irlands zum Kampf kommen würden.

Also ging der Dagdae zum Wohnlager der Fomorians und bat diese um eine Waffenruhe der Schlacht. Diese wurde ihm gewährt, als er fragte. Daraufhin machten die Fomorians Haferbrei für ihn, und dies wurde getan, um ihn zu verhöhnen, denn groß war seine Liebe für Haferbrei. Sie füllen für ihn den Kessel des Königs, fünf Fäuste tief, in den vier mal zwanzig Gallonen neue Milch und dieselbe Menge an Mehl und Fett hineingingen. Ziegen und Schafe und Schweine werden hineingelegt, und sie werden (alle) zusammen mit dem Haferbrei gekocht. Sie werden für ihn in ein Bodenloch gegossen, und (Indech) sagte ihm, dass er getötet würde, wenn er nicht alles verzehre; er sollte sich satt essen, so dass er den Fomorians keine mangelnde Gastfreundschaft vorwerfen könne.

Dann nahm der Dagdae seine Schöpfkelle, und sie war groß genug, um einen Mann und eine Frau in die Mitte davon legen zu können. Dies sind dann die Stücke, die sich darin befanden, Hälften von gesalzenem Schwein und ein Viertel Speck.

Dann sagte der Dagdae: „Gutes Essen das, wenn seine Brühe erreicht, was sein Geschmack erreicht.“ Aber wenn er gewöhnlich die Schöpfkelle voll in seinen Mund steckte, dann sagte er: „Sein… verdirb es nicht“, sagt der alte Mann“ [sic].

Dann am Ende steckte er seinen gebogenen Finger über den Boden des Loches zwischen Gussform und Kies. Dann, nachdem er seinen Haferbrei gegessen hatte, fiel er in den Schlaf. Größer als der Hauskessel war sein Bauch, so dass die Fomorians über ihn lachten.

Dann ging er fort von ihnen zu dem Strand von Eba. Aufgrund der Größe seines Bauches war es für den Helden nicht einfach, sich fortzubewegen. Unziemlich war seine Kleidung. Ein Umhang bis zu den Hohlkehlen seiner beiden Ellenbogen. Eine graubraune Tunika um ihn herum, bis zu der Anschwellung seines Hinterteils. Diese ist, darüber hinaus, brustlang mit einem Loch in der Spitze. Er trug zwei feste Schuhe aus Pferdeleder, mit den Haaren außerhalb. Eine rollende… Gabel (zum Tragen), die die Anstrengung von acht Männern erforderte, hinter ihm, so dass seine Spur hinter ihm für einen Grenzgraben zwischen zwei Provinzen ausreichen könnte. Deshalb wurde es „Die Spur des Dagdae-Knüppels“ genannt.

In vielfacher Hinsicht ist die wissenschaftliche Übersetzungstradition am einfachsten zu definieren und erkennen. Die wissenschaftlichen Übersetzungen frühen irischen Materials werden wie Stokes’ Übersetzung hier im Allgemeinen als Nebenprodukte einer Ausgabe veröffentlicht. Sie können als philologische und linguistische Hilfen zu den eigentlichen Texten bezeichnet werden. Mit ihrem eindeutig zweitrangingen Verwendungszweck sind sie den Originaltexten untergeordnet. In einigen Fällen stellt die Übersetzung zweifellos eine Übersetzungshilfe oder Glossenübersetzung zum Originaltext dar. Im Großen und Ganzen spiegelt das Englische in der wissenschaftlichen Übersetzung deutlich die sprachlichen Eigenschaften des irischen Ausgangstextes wider. Im Allgemeinen ist die Informationsdichte groß und die englische Grammatik sowie der Satzbau folgen dem irischen Muster. Sogar Pflichtelemente des Englischen werden oft missachtet. Stattdessen enthält das Englische zahlreiche Lehnübersetzungen, Lehnkreationen, Lehnprägungen, morphosemantische Übertragungen und ungewöhnliche Kollokationen. Viele dieser Eigenschaften lassen sich eindeutig als verzweifelter Versuch erklären, die Bedeutung der komplizierten Originaltexte zu bestimmen.

Bei Stokes sehen wir zum Beispiel, dass sich der irische Satzbau in Wendungen widerspiegelt wie „these then are the bits that were in it, halves of salted swine and a quarter of lard“ [dies sind dann die Stücke, die sich darin befanden, Hälften von gesalzenem Schwein und ein Viertel Speck], „good food this“ [gutes Essen das], „a wheeled fork . . . behind him“ [eine rollende Gabel . . . hinter ihm] und „its track after him“ [seine Spur hinter ihm]. Diese folgen genau dem irischen Satzbau. Die deutlichste syntaktische Lehnübertragung ist Stokes’ Ausdruck „the ladle full“ [die Schöpfkelle voll] für an leg laun — eine Übersetzung, die das im Irischen nachgestellte Adjektiv beibehält und die gewöhnlichen Regeln der englischen Syntax missachtet. Stokes folgt in seiner englischen Übersetzung dem Zeitengebrauch und der Zeitensequenz der irischen Verben. Seine Übersetzung enthält ungewöhnliche Kollokationen (z.B. „his curved finger“ [sein gebogener Finger] und „a truce of battle“ [eine Waffenruhe der Schlacht]), ausgefallene Ausdrucksweisen, die von sekundären Bedeutungen im Englischen abhängen (z.B. „if its broth attains what its taste attains“ [wenn seine Brühe erreicht, was sein Geschmack erreicht]), und Lehnprägungen (z.B. „house-caldron“ [Hauskessel]), die fast ausnahmslos durch das Übersetzungsverfahren auf der Wortebene entstehen.

Um die Strategien der wissenschaftlichen Übersetzung nicht einfach als von Kultur und Ideologie unbeeinflusste wörtliche Übertragungen anzusehen, ist es allerdings wichtig darauf hinzuweisen, dass die Entschlüsselung des Textes per se häufig durch ideologische Zwänge eingeschränkt wird. So wird beispielsweise nur selten der Versuch unternommen, Abschnitte objektiv wiederzugeben, in denen die viktorianische Ideologie oder der viktorianische Geschmack verletzt wird. Wie ich bereits in früheren Aufsätzen zum Thema gezeigt habe (Tymoczko 1982, 1983, 1987), werden solche Textabschnitte meistens vom Herausgeber zensiert, unübersetzt gelassen, euphemistisch oder ins Lateinische übersetzt. Stokes’ wissenschaftliche Übersetzung von The Second Battle of Mag Tuired verdeutlicht dies, denn im oben zitierten Text hat Stoke die Reihenfolge der letzten drei Zeilen verändert. Er übersetzte die eigentlich vorletzte Zeile mit „It is moreover, long-breasted, with a hole in the peak“ [Es ist, darüber hinaus, brustlang mit einem Loch in der Spitze], wogegen der Verfasser der jüngsten Übersetzung „His long penis was uncovered“ [Sein langer Penis war unbedeckt] liest (Gray 1982, 47). Außerdem beinhaltet der Text in dem Passus, der unmittelbar auf den zitierten Abschnitt folgt, eine Episode grotesken, skatologischen Humors, in der der Dagda und die Tochter seines Feindes zu kopulieren versuchen, aufgrund der Größe seines Bauches aber Schwierigkeiten damit haben. Thematisch ist die Paarung relevant, da es in dem Abschnitt um Implikationen der Souveränität geht und die sexuelle Vereinigung des Dagda mit der Frau auf einen Sieg des Dagda hindeutet. Dennoch lässt Stokes den Abschnitt sowohl in seiner Ausgabe als auch in seiner Übersetzung weg und merkt an: „Hier ist die Beschreibung der Begegnung zwischen dem Dagda und der Tochter des Indech aufgrund der Schwierigkeiten, die bei der Ausdehnung des Magens des Dagda entstanden sind, weggelassen. Vieles davon erscheint mir rätselhaft, und der überwiegende Rest ist für eine Veröffentlichung in dieser Revue zu unanständig“ (Stokes 1891, 86 n.4). [Für eine Übersetzung des durch Stokes weggelassenen Abschnittes siehe den Anhang.]

Die von Stokes in dem zitierten Abschnitt angewandten Übersetzungsmethoden und -strategien können als weitgehend repräsentativ für das gesamte wissenschaftliche Establishment angesehen werden. In vielen Fällen wird diese Übersetzungstradition auch von heutigen Wissenschaftlern fortgeführt — insbesondere von jenen, die auf den britischen Inseln veröffentlichen, denn derlei Maßstäbe bilden weiterhin eine implizite Grundvoraussetzung für Veröffentlichungen in einigen der wichtigsten wissenschaftlichen Zeitschriften und Reihen in diesem Bereich und geben den publizierenden Forschern daher grundlegende Richtlinien.

Augusta Gregorys Übersetzung erschien 1904 als Teil einer Sammlung von Erzählungen über mythologische Gestalten der frühen irischen Literatur sowie über Finn und dessen Heldengefolge. Die Sammlung trägt den Titel Gods and Fighting Men: The Story of the Tuatha de Danann and of the Fianna of Ireland [Götter und kämpfende Männer: Die Geschichte der Tuatha de Danann und der Fianna von Irland] und bildet eine Fortsetzung zu Gregorys Cuchulain of Muirthemne [Cuchulain von Muirthemne], über die Yeats in seiner Einleitung gesagt hatte: „Ich denke, dieses Buch ist das beste, das zu meiner Zeit in Irland erschienen ist.“ In ihrem Dankeswort unterstreicht Gregory, dass ihr Text The Second Battle of Mag Tuired von Stokes’ Ausgabe und Übersetzung abhängig ist. Das von Yeats und einem Londoner Herausgeber verfasste Vorwort verdeutlicht, dass Gods and Fighting Men für ein Laienpublikum bestimmt war. Bei letzterem Werk handelt es sich sowohl um eine der literarischen Produktionen des anglo-irischen Literaturrevivals als auch um jenen Text, der einen Großteil von Yeats’ keltischer Mythologie bestimmt hat. Gregorys Übersetzung des obigen Abschnittes lautet folgendermaßen:

Then Lugh sent the Dagda to spy out the Fomor, and to delay them till such time as the man of Ireland should come to the battle.

So the Dagda went to their camp, and asked them for delay, and they said he might have that. And then to make sport of him, the Fomor made broth for him, for he had a great love for broth. So they filled the king’s cauldron with four times twenty gallons of new milk, and the same of meal and fat, and they put in goats and sheep and pigs along with that, and boiled it all together, and then they poured it all into a great hole in the ground. And they called him to it then, and told him he should eat his fill, the way the Fomor would not be reproached for want of hospitality the way Bres was. „We will make an end of you if you leave any part of it after you,“ said Indech, son of De Domnann.

So the Dagda took the ladle, and it big enough for a man and a woman to lie in the bowl of it, and he took out bits with it, the half of a salted pig, and a quarter of lard a bit would be. „If the broth tastes as well as the bits taste, this is good food,“ he said. And he went on putting the full of the ladle into his mouth till the hole was empty; and when all was gone he put down his hand and scraped up all that was left among the earth and the gravel.

Sleep came on him then after eating the broth, and the Fomor were laughing at him, for his belly was the size of the cauldron of a great house. But he rose up after a while, and, heavy as he was, he made his way home; and indeed his dress was no way slightly, a cape to the hollow of the elbows, and a brown coat, long in the breast and short behind, and on his feet brogues of horse hide, with the hair outside, and in his hand a wheeled fork it would take eight men to carry, so that the track he left after him was deep enough for the boundary ditch of a province. And on his way he saw the Battle-Crow, the Morrigu, washing herself in the river Unius of Connacht, and one of her two feet at Ullad Echne, to the south of the water, and the other at Loscuinn, to the north of the water, and her hair hanging in nine loosened locks. And she said to the Dagda, that she would bring the heart’s blood on Indech, son of De Domnann, that had threatened him, to the men of Ireland.(Gregory 1976, 61)

Dann sandte Lugh den Dagda, um die Fomorians auszuspionieren und sie bis zu dem Zeitpunkt hinzuhalten, an dem die Männer Irlands zum Kampf kommen würden.

Daher ging der Dagda zu ihrem Lager und bat sie um einen Aufschub, und sie sagten, er könne diesen vielleicht haben. Und dann, um ihn zu verspotten, machten die Fomor Brühe für ihn, denn er verspürte eine große Liebe für Brühe. Also füllten sie den Kessel des Königs mit vier mal zwanzig Gallonen neuer Milch und derselben Menge an Mehl und Fett, und sie legten Ziegen und Schafe und Schweine hinein, und kochten dies alles zusammen, und dann gossen sie alles aus, in ein großes Bodenloch. Und sie riefen ihn dann zu sich, und sagten ihm, er solle sich satt essen, so würde den Fomor keine mangelde Gastfreundschaft vorgeworfen werden, wie das bei Bres der Fall war. „Wir werden [dein Leben] beenden, wenn du irgendetwas davon übrig lässt“, sagte der Indech, der Sohn des De Domnann.11.In einigen Abschnitten wird im Englischen die zweite Person des Personalpronomens, „you“, gebraucht. Da es im Deutschen einen Unterschied zwischen Siezen und Duzen gibt, wussten wir nicht, welche Anrede wir verwenden sollten. Aufgrund des ‚informellen‘ Diskurses haben wir uns für die „Du“-Variante entschieden.

Also nahm der Dagda die Schöpfkelle, und sie war groß genug, um einen Mann und eine Frau in die Schale hineinlegen zu können, und er nahm Stücke wie die Hälfte eines gesalzenen Schweines und ein Viertel des Specks damit heraus. „Wenn die Brühe so gut schmeckt, wie die Stücke schmecken, ist dies gutes Essen“, sagte er. Und er steckte weiterhin den gesamten Inhalt der Schöpfkelle in seinen Mund, bis das Loch leer war; und als alles weg war, senkte er seine Hand und kratzte alles auf, was auf der Erde und dem Kies übrig war.

Der Schlaf überkam ihn, nachdem er die Brühe gegessen hatte, und die Fomor lachten ihn aus, denn sein Bauch hatte die Größe des Kessels eines großen Hauses. Aber er stand nach einer Weile auf und ging, so schwer er auch war, seinen Weg nach Hause; und seine Kleidung war in der Tat keinesfalls ansehnlich, ein Umhang, der bis zu seinen Ellenbogenhöhlen reichte, und eine braune Jacke, lang an der Brustseite und hinten kurz, und an seinen Füßen feste Schuhe aus Pferdeleder mit Haaren an der Außenseite, und in seiner Hand eine rollende Gabel, für die man acht Männer zum Tragen bräuchte, so dass die Spur, die er hinterließ, tief genug war, um als Grenzgraben einer Provinz zu dienen. Und auf seinem Weg sah er eine Schlacht-Krähe, die Morrigu, die sich im Fluss Unius von Connacht wusch, und einen ihrer beiden Füße im Ullad Echne, südlich des Wassers, und den anderen im Loscuinn, nördlich des Wassers, und ihr in neun losen Locken hängendes Haar. Und sie sagte zum Dagda, dass sie das Herzblut des Indechs, des Sohnes des De Domnann, der ihn bedroht hatte, zu den Männern Irlands bringen werde.

Augusta Gregorys Übersetzung dieses Abschnittes illustriert einige Merkmale der Tradition, nach der das Irische auf literarische Weise ins Englische zu übersetzen gepflegt wurde. So ist die Übersetzerin bemüht, einen englischen Text von literarischer Qualität zu schreiben, obwohl die eigentliche Literatursprache nicht die englische Standardsprache, sondern der in Kiltartan [Grafschaft Galway, Irland] gesprochene anglo-irische Dialekt war. Gregorys Dialektwahl passt zu dem Gattungswechsel des Materials von der aristokratischen Heldensage zur mündlichen Volkserzählung, den ich an anderer Stelle besprochen habe (Tymoczko 1982). Aufgrund des verwendeten Dialekts ist der Satzbau zum Teil kein Standardenglisch. Er stimmt an einigen Stellen mit den Normen der irischen Sprache und somit mit dem sprachlichen Substrat vieler Dialekteigenschaften anglo-irischer Sprachmuster überein. Allerdings gilt Gregorys Lexik in dem von ihr verwendeten Dialekt als Standard. Sie schreibt „delay“ [Aufschub], wo Stokes von einer „truce of battle“ [Waffenruhe der Schlacht] spricht, und schreibt zudem „if the broth tastes as well as the bits taste“ [wenn die Brühe so gut schmeckt, wie die Stücke schmecken] für Stokes’ Redewendung, die „attains“ [erreicht] mit sich bringt, „he put down his hand and scraped up“ [er senkte seine Hand und kratzte alles auf] für „curved finger“ [gebogener Finger], „the cauldron of a great house“ [Kessel eines großen Hauses] für „house-caldron“ [Hauskessel] usw.

Die Informationsdichte der Prosa kommt hier den Normen englischer literarischer Texte im Original nahe. Dies ist zum Teil eine Folge der natürlichen Ausdrucksweise (z.B. „big enough for a man and a woman to lie in the bowl of it“ [groß genug, um einen Mann und eine Frau in die Schale hineinlegen zu können] anstelle von Stokes’ „big enough for a man and a woman to lie in the middle of it“ [groß genug, um einen Mann und eine Frau in die Mitte davon legen zu können]), doch Gregory gibt in ihrem Text ebenfalls Erklärungen zu jenen Stellen, die Hintergrundwissen erfordern. In dem behandelten Passus fügt sie „the way Bres was“ [wie das bei Bres der Fall war] hinzu, um zu erklären, warum die Fomori um ihren gastfreundlichen Ruf fürchten. Ebenso verdeutlicht sie die im dritten Abschnitt geschilderte Handlung. Gregory lässt einerseits Sätze aus, die — vielleicht aufgrund der Textkorruption (wie beim letzten Satz in Stokes’ viertem Absatz) — Schwierigkeiten mit sich bringen, und verändert zum anderen indirekte Rede in direkte Rede, um den Text geschmeidiger und lebendiger zu machen.

Auch wenn die Veränderungen, die Gregory in diesem Abschnitt anbringt, weniger radikal sind als in anderen uns bekannten Übersetzungen des frühen Irischen ins Englische (Tymoczko 1982, 1987), erkennen wir eine Manipulation des Materials mit ideologischen Auswirkungen. Dies betrifft die Wahl der Begriffe „broth“ [Brühe] als Übersetzung für littiu — wörtlich „porridge, gruel“ [Haferbrei, Mehlbrei] — und „unslightly“ [unansehnlich] für dochrud, was Stokes mit „unseemly“ [unziemlich] übersetzte.22.Das Wort „dochrud“ kann für das Erscheinungsbild im Sinne von ‚ungestalt, unansehnlich, hässlich‘ [‚unshapely, unsightly, ugly‘] verwendet werden, kann aber auch für Zustände und moralische Handlungen oder Eigenschaften im Sinne von ‚unziemlich, unschicklich, herabstufend‘ [‚unseemly, indecorous, degrading‘] stehen. Siehe hierzu Contributions to a Dictionary of the Irish Language (1942- ) s.v. Ebenfalls können wir den Dialog, den der Dagda in Gregorys Übersetzung spricht, und Stokes’ wörtliches „good food this“ [gutes Essen das] miteinander vergleichen. Die Übersetzungsentscheidungen reflektieren eine subtile Verschiebung des Tonfalls, durch die die humorvolle Darstellung des Dagda, einer Hauptfigur der Mythologie der frühen irischen Literatur, in The Second Battle of Mag Tuired untergraben wird. Tatsächlich widersprechen Lady Gregorys Veränderungen auch der Bedeutung dieser Episode, denn sowohl die Kleidung des Dagda aus dem Blickwinkel der frühen irischen Gesetzgebung als auch die Entscheidung der Fomori, ihn mit einem Bauerngericht aus einem Bodenloch zu versorgen — und dies auf eine Art und Weise, wie Tiere in der irischen Volkskultur bis in unser heutiges Jahrhundert hinein gefüttert wurden (Evans 1975, 62) — zeigen, dass der Dagda wie eine Person eher geringeren Ranges behandelt wird und dass er zum Teil parodiert wird. Doch obwohl der Dagda tatsächlich unziemlich und unanständig ist, hat dies zur Folge, dass er aufgrund seines überaus gesunden Appetits, der dem Besitzer des Kessels für die Festmähler der „Anderswelt“ zusteht, über seine Feinde triumphiert. Wie Yeats in dem Vorwort zu dem Band herausstellt, ist Gregory in der gesamten Veröffentlichung bestrebt, die antiken Wurzeln sowie die Vornehmheit der irischen Literatur und der irischen Literaturgestalten anzupreisen. Vor diesem Hintergrund wäre eine Hervorhebung der soeben erwähnten Texteigenschaften den literarischen Absichten Gregorys nicht dienlich. Deshalb verändert Gregory den Tonfall, indem sie in ihrer Übersetzung Euphemismen gebraucht, die den fantastischen Humor des frühen irischen Textes untergraben (Mercier 1962, Kapitel 2).

Es ist daher nicht verwunderlich, dass Gregory — genau wie Stokes — Elemente, die die Gefühle der Leser verletzen könnten, aus dem Text entfernt hat. Obwohl Gregory die Bedeutung des textlichen Verweises auf den Penis des Dagda offensichtlich kannte, lässt sie den ganzen Satz aus, anstatt Stokes’ Übertragung zu folgen. Noch wichtiger ist, dass sie ebenfalls den ganzen Abschnitt fallenlässt, in dem der Dagda mit der Tochter seines Feindes kopuliert. Interessant ist, dass Gregory den nun folgenden Abschnitt gleich nach dem oben zitierten einfügt:

And on his way he saw the Battle-Crow, the Morrigu, washing herself in the river Unius of Connacht, and one of her two feet at Ullad Echne, to the south of the water, and the other at Loscuinn, to the north of the water, and her hair hanging in nine loosened locks. And she said to the Dagdae, that she would bring the heart’s blood of Indech, son of De Domnann, that had threatened him, to the men of Ireland.(Gregory 1976, 61)

Und auf seinem Weg sah er eine Schlachtkrähe, die Morrigu, die sich im Fluss Unius von Connacht wusch, und einen ihrer beiden Füße im Ullad Echne, südlich des Wassers, und den anderen im Loscuinn, nördlich des Wassers, und ihr in neun losen Locken hängendes Haar. Und sie sagte zum Dagda, dass sie das Herzblut des Indech, des Sohnes des De Domnann, der ihn bedroht hatte, zu den Männern Irlands bringen werde.

Gregory erkannte anscheinend instinktiv die literarische Bedeutung des Geschlechtsakts zwischen dem Dagda und der Tochter des Indech. Aus diesem Grund ersetzt sie diesen Akt durch eine Dublette der Episode, die im irischen Text dem Abschnitt mit dem Haferbrei vorangeht. Stokes bearbeitete und übersetzte diesen Abschnitt wie folgt:

Boi tegdus den Dagdae a nGlionn Etin antuaith. Bai dno bandal forsin Dagdae dia bliadnae imon samain an catha oc Glind Edind. Gongair an Unius la Connachta frioa andes. Conaca an mnai a n-Unnes a Corand, og nige, indarna cos di fri Allod Echae .i. Echumech, fri husci andes, alole fri Loscondoib, fri husce antuaith. Noi trillsi taitbechtai fora ciond. Agoillis an Dagdae hi 7 dogniad oentaith. Lige ina Lanomhnou a ainm an baile osin. IS hi an Morrigan an uhen sin isberur sunn.

ITbert si iarum frisin Dagdae deraghdis an Fomore a tir .i. a Maug Scene, 7 aragarudh an Dagdae oes danu Erionn arocendsi for Adh Unsen, 7 noragad si hi Scetne do admillid [ríg] na Fomore .i. Indech mac Dei Do[m]ann a ainm, 7 douhéradh si crú a cride 7 airned a gailie uad. Dobertsi didiu a dí bois den cru sin deno sluagaib batar oconn idnaidhe for Adh Unsen. Bai Ath Admillte iarum a ainm ond admillid sin an riog.(Stokes 1891, 82–84)

The Dagda had a house in Glenn Etin in the north. Now the Dagdae had to meet a woman in Glenn Etin on that day year about the Allhallowtide of the battle. The (river) Unius of Connaught roars to the south of it. He beheld the woman in Unius in Corann, washing (herself), with one of her two feet at Allod Echae (i.e. Echumech), to the south of the water, and the other at Loscuinn, to the north of the water. Nine loosened tresses were on her head. The Dagdae conversed with her, and they make a union. „The Bed of the Couple“ is the name of the stead thenceforward. The woman that is here mentioned is the Morrígan (Lamia).

Then she told the Dagdae that the Fomorians would land at Magh Scene, and that he should summon (?) Erin’s men of art to meet her at the Ford of Uinius, and that she would go into Scetne to destroy Indech son of Dé Donann, the king of the Fomorians, and would deprive him of the blood of his heart and the kidneys of his valour. Now she [afterwards] gave her two handfuls of that blood to the hosts that were waiting at the Ford of Uinius. „Ford of Destruction“ became its name, because of that destruction of the king.(Stokes 1891, 83–85)

Der Dagda hatte ein Haus in Glenn Etin im Norden. Nun musste der Dagdae am Tag der Allerheiligenzeit der Schlacht eine Frau in Glenn Etin treffen. Der (Fluss) Unius von Connacht toste südlich davon. Der Dagda betrachtete die Frau im Unius in Corann, die sich wusch, mit einem ihrer beiden Füße im Allod Echae (d.h. Echumech), südlich des Wassers, und dem anderen im Loscuinn, nördlich des Wassers. Neun lose Flechten waren an ihrem Kopf. Der Dagdae unterhielt sich mit ihr, und sie vereinigen sich. „Das Bett des Paares“ ist seither der Name des Ortes. Die Frau, die hier erwähnt wird, ist die Morrígan (Lamia).

Dann erzählte sie dem Dagdae, dass die Fomorians in Magh Scene ankommen würden und dass er Erins Kunstmänner zusammenrufen solle (?), um sie in der Furt von Uinius zu treffen, und dass sie nach Scetne gehen würde, um den Indech, den Sohn des Dé Donann, den König der Fomorians, zu zerstören, und sie diesem das Blut seines Herzens und den Mut seiner Nieren entziehen werde. Nun gab sie [im Nachhinein] zwei Handvoll dieses Blutes den Gastgebern, die an der Furt von Uinius warteten. „Furt der Zerstörung” wurde ihr Name, aufgrund dieser Zerstörung des Königs.

Diese Episode stellt einen Zusammenhang zu einigen Hauptmerkmalen der irischen Göttinnen her. Die Körperhaltung der Morrigan, die beim Waschakt einen reißenden Fluss mit ihren gespreizten Beinen überbrückt, weist zugleich auf das Wasser des Urinierens, das Fruchtwasser der Geburt sowie das mit Fruchtbarkeit und Zerstörung in Verbindung gebrachte Menstruationsblut hin (vgl. Bowen 1975). Die Morrigan fungiert in diesem Auszug als ein zerstörerisches Wesen. Ihr vergossenes Blut wird mit dem Entzug von Indechs Herzblut in Verbindung gebracht. Gregory erkennt die literarische Kraft dieses Motivs und kann sie daher nicht ganz weglassen, naturalisiert sie jedoch bis zu einem gewissen Grad, indem sie den Verweis auf den Geschlechtsakt auslässt und stattdessen ein Rachemotiv im Zusammenhang mit den Bedrohungen des Indech suggeriert.

Wir sollten beachten, dass diese beiden Übersetzungstraditionen trotz ihrer deutlichen Unterschiede durch die Beibehaltung des viktorianischen Dekorums in den Texten und Übersetzungen vereint sind — eines Dekorums, das auch in der irischen Republik in den meisten Veröffentlichungen zur frühen irischen Literatur jahrzehntelang fortgesetzt wurde. Daher werden Episoden wie der humorvolle und groteske Beischlaf des aufgeblähten Dagda und der Tochter des Indech oder die Begattung zwischen dem Dagda und der Morrigan entweder weggelassen oder abgeschwächt. Wir können darüber spekulieren, ob Stokes die Morrigan-Episode gerade deshalb beibehalten hat, weil die Sprache schleierhaft statt klar und deutlich wie bei der zweiten Episode war. Allen Übersetzungsschulen, die irisches Material ins Englische übertragen haben, war im größten Teil des Jahrhunderts eine ideologische Verpflichtung gegenüber den dominierenden Moralvorstellungen und Anstandsnormen gemein. Diese Verpflichtung übte einen starken Einfluss auf die wissenschaftliche Sondierung und die literarische Adaptation aus.

3.Kulturelle Bestimmungsfaktoren der Übersetzungsstrategien

Auch wenn diese beiden Traditionen des Übersetzens früher irischer Texte Ähnlichkeiten aufweisen, überwiegen die Unterschiede zwischen ihnen, wie die vorangegangenen Beispiele gezeigt haben. Im verbleibenden Teil dieses Aufsatzes werde ich drei Gründe für die Divergenz zwischen den wissenschaftlichen und literarischen Übersetzungen früher irischer Literatur untersuchen: (1) die Macpherson-Kontroverse und ihre Auswirkungen auf die irische Kultivierung der Vergangenheit, (2) den Einfluss des irischen Nationalismus auf das Übersetzungsprogramm und (3) den Einfluss der irischen Sprachbewegung auf die Geschichte der englischen Übersetzungen von irischer Literatur.

In diesem Rahmen ist nur eine kurze Besprechung von Macphersons Übersetzungen der schottischen Literatur möglich. Dennoch ist der Antrieb zum Sammeln keltischen Materials, der von den Veröffentlichungen Macphersons ausgelöst wurde, deutlich spürbar — insbesondere in Irland, wo das Anliegen entstand, sich für Irlands ursprünglichen Anspruch auf die von Macpherson aufgedeckte Tradition einzusetzen. Wie man das zu Tage geförderte Material übersetzen sollte, war weniger offensichtlich. Einerseits verdeutlichte Macphersons ungemein populärer Erfolg den Wert seiner eigenen Übersetzungstechniken, die im Grunde von Ansichten aus dem siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert abgeleitet worden waren und den Übersetzer als einen Partner des Autors sahen, dessen Pflicht es war, das Material im Kontext des literarischen Zielsystems zu erneuern (Bassnett-McGuire 1980, 58 ff.). Skene in Wales, La Villemarqué in der Bretagne, Ferguson und O’Grady in Irland verdanken alle einen Teil ihrer Ausrichtung als Literaturübersetzer Macpherson und dem Übersetzungsmodell, das dieser entwarf. Der Schwerpunkt dieses Modells liegt auf der Annehmbarkeit und der kreativen Anpassung des Originalmaterials an das literarische Zielsystem. Die Popularisierung irischen Materials durch literarische Übersetzer wie Gregory verdanken wir somit Macpherson.

Andererseits erteilten der Skandal und der Hohn, die auf Macphersons Veröffentlichungen folgten, insbesondere seinen Kritikern in England eine warnende Lektion. Antiquarians 33.Da wir keine passende Übersetzung für das Nomen „antiquarians“ gefunden haben, verwenden wir es unübersetzt, aber mit deutscher Großschreibung („Antiquarians“). Gemeint sind hiermit Liebhaber und Erforscher der nationalen irischen Vergangenheit. und besonders diejenigen, die von nationalistischem Eifer getrieben waren, wollten sicherstellen, dass die Authentizität ihres Materials akzeptiert werden würde und ihre Übersetzungen nicht anfällig für den Vorwurf der Falschdarstellung würden. Dies hatte zur Folge, dass nahezu alle Antiquarians den Veröffentlichungen irischen Materials auch die Originaltexte beilegten. Damit kamen sie den potenziellen Dr. Johnsons zuvor, die später möglicherweise lautstark Originale fordern könnten. Außerdem statteten Antiquarians ihre Ausgaben mit vorsichtigen gegenüberliegenden Übersetzungen aus, die aus dem Streben nach wörtlichen Übersetzungen entstanden sind. Übersetzungen dieser Art sind grundlegend von jenen zu unterscheiden, die auf den Modellen des achtzehnten Jahrhunderts wie dem von Macpherson basieren. Denn sie orientieren sich am Ausgangstext, dessen sprachliche Strukturen sie selbst dann noch treu abbilden, wenn das Umstellen dieser Formen und Strukturen zu Übersetzungen mit einer hohen Informationsdichte führt. Für den Laien ist dies kaum verständlich, wie wir oben anhand von Stokes’ Text gesehen haben. Ließen Macphersons Texte keinen Übersetzer irischen Materials gänzlich unberührt, so waren die Reaktionen doch sehr unterschiedlich. Sie hingen davon ab, ob der Übersetzer ein Macpherson-Modell imitierte und anreicherte oder diesem selben Model widersprach und es verwarf.

Der Nationalismus bildet zwar ohne jeden Zweifel einen Faktor bei der Reaktion auf die Macpherson-Kontroverse, einen direkteren Einfluss hatte er jedoch auf die Muster, die bei der Übersetzung früher irischer Literatur ins Englische angewendet wurden. Der Nationalismus spornte die wissenschaftliche Übersetzungstradition an, denn der eigentliche Auftrag, irisches Material wieder zurückzufordern — das Herausgeben und Übersetzen von Texten — wurde ein nationalistischer Akt, der die Antiquität und Substanz der irischen Kultur dokumentierte. Im neunzehnten Jahrhundert führte dieser Antrieb sowohl zum Sammeln von Materialien für die Ordnance Survey als auch zu dem gewaltigen Veröffentlichungsprogramm von Wissenschaftlern wie Eugene O’Curry und John O’Donovan. Aus nationalistischer Sicht war die literarische Qualität des Textes nur von geringer Bedeutung. Weitaus wichtiger war es, die Existenz des Textes und die Substanz der heimischen Kultur zu dokumentieren. Daher zählten die Veröffentlichung und Übersetzung der irischen Gesetze und Annalen zu den ersten verwirklichten Großprojekten. Aus nationalistischer Perspektive war das Dokumentieren der politischen Geschichte der Nation und ihrer Rechtstradition — darin enthalten die Fähigkeit zur Selbstverwaltung — in der Tat bedeutsamer als die Rückforderung des eigenen literarischen Erbes. Hieraus folgt, dass das literarische Verdienst der wissenschaftlichen Übersetzung minder relevant, ja regelrecht zweitranging gegenüber der genauen Bedeutungsrekonstruktion von Dokumenten mit geschichtlichen oder nationalen Implikationen war. Diese Dynamik war bis weit ins zwanzigste Jahrhundert spürbar und prägte das Veröffentlichungsprogramm der frühen irischen Texte, das das Dublin Institute for Advanced Studies [Dublin-Institut für Fortgeschrittene Studien] verfolgte. Forscher, die nach diesem Muster arbeiteten, fühlten sich gezwungen, frühe Texte zu veröffentlichen. Doch die Übersetzung dieser Texte war entschieden unliterarisch.

Paradoxerweise — wenn auch auf eine völlig andere Art und Weise — hat der Nationalismus auch die literarische Übersetzungstradition beeinflusst. Im neunzehnten Jahrhundert wurden Adaptationen und Übersetzungen früher irischer Literatur ins Englische lange Zeit in einem literarischen Klima durchgeführt, in dem die anglo-irische Literatur ein sowohl relativ junges wie auch schwaches Literatursystem war, das fast vollkommen abhängig war von den englischen Literaturstandards, der englischen Poetik, den englischen Sprachnormen, dem englischen Geschmack und seinen Werten. Wie nicht anders zu erwarten, waren die literarischen Übersetzungen und Adaptationen der irischen Literatur unter diesen Bedingungen von epigonaler Natur und entsprachen den allgemein anerkannten englischen Standards. Dementsprechend folgen Fergusons Versionen des irischen Materials dem Stil Alfred Tennysons; O’Grady präsentiert den Ulster-Zyklus in einer romanorientierten Ästhetik; und Hutton übersetzt Tain in englischem Blankvers. Der Einfluss der [englischen] Autoren Arnold und Morris zeigt sich ferner in der Herausbildung einer archaischen Übersetzungssprache des neunzehnten Jahrhunderts, die für die Übersetzungen des frühen irischen Materials verwendet wurde.

Als die nationalistische Bewegung in Irland gegen Ende des Jahrhunderts — insbesondere nach dem Fall des Parnell — hingegen größtenteils eine literarische Bewegung wurde und sich die nationalistische Vorstellungskraft von der Politik ab- und der Kultur zuwandte, wurden die Rebellion und die Forderung nach Home Rule [Selbstverwaltung] gewissermaßen ins Forum der Literatur verlagert. Die Entwicklung der literarischen Übersetzungstradition im Irland der Jahrhundertwende ist untrennbar mit der Entwicklung des anglo-irischen Literaturrevivals und der nationalistischen anglo-irischen Literatur verbunden, denn die literarische Übersetzung, Adaptation und künstlerische Refraktion irischer Literatur wurden zum Kern der literarischen Bewegung. Sie sind ein Markenzeichen des anglo-irischen Literaturrevivals.

Während des anglo-irischen Literaturrevivals waren die literarischen Übersetzungen weniger epigonal, sondern innovativer, als dies zuvor im neunzehnten Jahrhundert der Fall gewesen war. Das Interesse am Übersetzen irischen Materials aus dem Mittelalter und der Moderne lässt sich im Hinblick auf die Abhängigkeitsstrukturen der anglo-irischen Literatur analysieren. Die anglo-irische Literatur ist offensichtlich ein unvollständiges literarisches System, das in vielen Teilbereichen von der englischen Literatur abhängig ist. Zu Zeiten des anglo-irischen Literaturrevivals entwickelte die anglo-irische Literatur ein konkurrierendes Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine symbiotische Beziehung zur irischen Literatur. Das irische Material verschob sich also in der anglo-irischen Wertehierarchie und die irische Literatur wurde in gewisser Weise zum Vorbild der anglo-irischen Literatur. Wie Even-Zohar (1978) und Toury (1980) unterstreichen, gewinnen literarische Übersetzungen in einem solchen Klima an Prestige. In Wahrheit lassen sich die literarischen Übersetzungsaktivitäten und die literarischen Originalkreationen nicht genau voneinander abgrenzen. So waren die innovativsten Schriftsteller auch als Übersetzer tätig. Ferner entstand auch das Phänomen der Pseudoübersetzung, bei dem literarische Originalkompositionen als Übersetzungen präsentiert werden.

Dies geschah tatsächlich während des anglo-irischen Literaturrevivals. Yeats als irischer Mythenschreiber ist Yeats als Pseudoübersetzer. Dieser Aspekt von Yeats’ Arbeit wird in seiner Bearbeitung der CuChulainn-Legenden, seinem Umgang mit der Geschichte von Lugaid und Derbforgaill und in seiner Manipulation der Legende des Oisin deutlich. Anglo-irische Schriftsteller nach Yeats, Gregory und Synge bis zu Clarke, Flann O’Brien, Kinsella und Heaney haben irisches Material als Deckmantel ihrer eigenen literarischen Impulse benutzt. Andere Autoren, insbesondere Joyce, haben ihre Adaptation von irischem literarischen Material und dessen Poetik als literarische Originalkreationen und Innovationen ausgegeben. Übersetzung, Adaptation und literarische Innovation sind in der anglo-irischen Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts untrennbar miteinander verbunden. Vielen Schriftstellern dienen Übersetzungen und Adaptation als „Alibi“, um das englische literarische System — einschließlich der englischen literarischen Wertevorstellungen, der englischen Poetik und der englischen Sprache — herauszufordern und zu verschieben. In den Händen anglo-irischer Schriftsteller und Dichter ist die literarische Übersetzung eine Form der Mythenbildung und literarischen Subversion geworden.

In Irland hat somit eine literarische Agenda das Projekt bestimmt, frühes irisches Material literarisch zu übersetzen. Statt auf enge Äquivalenz zum Textmaterial fokussierte das anglo-irische literarische Übersetzen von irischer Literatur im zwanzigsten Jahrhundert eher auf Merkmale wie Stil, gattungsmäßiges Experimentieren, literarischen Feinschliff sowie die Resonanz beim Publikum. Genau wie literarische Originalkreationen sind auch literarische Übersetzungen Zeugnisse der anglo-irischen literarischen Vorstellungskraft. Sie wurden dazu verwendet, die Poetik und den Diskurs der englischen Literatur zu verschieben und dadurch gleichzeitig ein unverwechselbares nationales Literaturkorpus zu begründen. Auch wenn die Abweichungen vom Text dergestalt waren, dass sie nicht zu einem Wiederaufflammen der Macpherson-Kontroverse führen sollten, waren Übersetzungen in den Augen des literarischen Establishments in erster Linie dem Prozess der literarischen Entwicklung verpflichtet. Daher waren Übersetzungen genau wie literarische Neukreationen bestrebt, den englischen Literaturkanon und das englische literarische Polysystem herauszufordern und neu zu gestalten. Während die Adaptationen, Übersetzungen und Pseudoübersetzungen aus der Feder von Autoren wie Yeats und Joyce eine Hebelkraft innerhalb des ausgedehnten literarischen Systems der englischsprachigen und westlichen Welt ausübten, nutzten Schriftsteller wie Austin Clarke und Flann O’Brien diese literarischen Formen in der Heimat, um über ideologische Fragen zu diskutieren, zu denen auch die Moralvorstellungen und Werte der irischen Republik gehörten. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass dieser nationalistische Antrieb zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts durch Pounds Übersetzungstheorie und -praxis noch verstärkt wurde, die ihrerseits wiederum einen direkten Einfluss auf Yeats und das anglo-irische Literaturestablishment hatten.

Aus diesen unterschiedlichen Gründen hat der Nationalismus die Übersetzungspraxis in Irland polarisiert. Vor allem weil die anglo-irischen literarischen Übersetzer Autoren und Dichter waren, die stärker als die Wissenschaftler Bédier und Tolkien in einem nationalistisch geladenen Klima arbeiteten, richteten sich die literarischen Übersetzungen von frühem irischen Material in Irland nach den Bedürfnissen des literarischen Zielsystems und wiesen weniger Treue zum Ausgangstext auf, als dies in anderen Literaturen bei literarischen Übersetzungen von mittelalterlichem Material der Fall war. Da das nationalistische Programm von den wissenschaftlichen Übersetzern nur das Ausgraben und Dokumentieren der nationalen Vergangenheit abverlangte, kümmerten sich die Übersetzer nicht darum, ihre Übersetzungen einer breiten Leserschaft zugänglich oder gar schmackhaft zu machen.

Ein dritter Einfluss auf die Kluft zwischen literarischen und wissenschaftlichen Übersetzungen war die irische Sprachbewegung. Douglas Hyde nahm an, dass die Iren nur durch die irische Sprache und die irische Kultur von den Westbritonen zu unterscheiden seien. Hydes Ansicht spiegelt die romantische Ideologie des Nationalismus im neunzehnten Jahrhundert wider, wonach erst die Sprache das Kulturerbe einer Nation unterscheidbar macht. Dieser Standpunkt wirkt sich insofern unmittelbar auf die Übersetzungstätigkeiten aus, als er — streng genommen — die Unübersetzbarkeit der Bedeutung nationalsprachlicher Texte impliziert. Dies war in der Tat Hydes Haltung, als er sich zunächst widersetzte, The Love Songs of Connacht [Die Liebeslieder von Connacht] zu übersetzen und erst nach einiger Überzeugungsarbeit in die Bitten um eine Übersetzung einwilligte.

Die irische Sprachbewegung wurde zu einem Eckpfeiler des Nationalismus. Indem ihre Rhetorik mit der Rhetorik der Sinn-Fein-Bewegung verschmolz, wurde im Grunde suggeriert, dass die englische Sprache in Irland den Weg für das Irische frei machen solle. Dies führte dazu, dass die irische Sprache per se einen privilegierten Status im Kultursystem erhielt. Diese Ansichten beeinflussen die wissenschaftliche Tradition des Übersetzens früher irischer Texte in mehrfacher Hinsicht. Erstens bieten sie eine Erklärung für den extremen Literalismus der wissenschaftlichen Übersetzungen. In vielen Fällen, wie etwa im obigen Beispiel bei Stokes und bis in die Gegenwart, sind die Übersetzungen Glossen, die hauptsächlich der wissenschaftlichen Erklärung des Originaltexts dienen sollen und daher den irischen Satzbau sowie andere sprachliche Merkmale des Irischen ins Englische übertragen. Solch wörtliches Übersetzen macht viele Texte der wissenschaftlichen Übersetzungsschule nahezu unlesbar — es sei denn, man zieht die Originaltexte zu Rate, was wiederum den privilegierten Charakter des irischen Originals unterstreicht. Zweitens werden Übersetzungen in der wissenschaftlichen Tradition oftmals als zweitranging oder nebensächlich gegenüber dem ursprünglichen Text dargestellt. Sie werden als Anhang oder in kleinerer Schrift veröffentlicht oder folgen auf den Text. Darüber hinaus erscheinen sie eher als gegenüberliegende Übersetzung denn als selbstständiger, unbegleiteter Text. Drittens zeichnet sich der Einfluss der Sprachbewegung in der völligen Unterdrückung von Übersetzungen ab. Beispiele hierfür sind die Medieval and Modern Irish Series, die gänzlich unübersetzt veröffentlicht wurde, sowie die fünfzigjährige Übersetzungsauszeit bei dem Werk Taín Bó Cúailnge nach Joseph Dunns Erstübersetzung aus dem Jahr 1914 (Tymoczko 1983). Das Primat der irischen Sprache erklärt ebenfalls Paradoxe wie Cecile O’Rahillys Übersetzungen von Táin Bó Cúailnge, die praktisch auf der Wort- und Satzebene so wortgetreu gestrickt sind, wie es Syntax und Grammatik nur erlauben, die aber bei der Umstellung der Lexik die gewöhnlichsten Banalitäten aufweisen. So scheint O’Rahilly davon auszugehen, dass die Leser ihrer Übersetzungen den Originaltext als Leitfaden zur Erzählung benutzen und die semantische Reichweite der irischen Lexeme kennen.

Literarische Übersetzungen wurden weniger durch die irische Sprachbewegung beeinflusst. Allerdings lässt sich ein leichter Einfluss auf die Entwicklung anglo-irischer Idiome beobachten. Diese Idiome sind Formen der englischen Schriftsprache, die gleichzeitig die Besonderheiten des Irischen als Sprache und die Eigenschaften der anglo-irischen Dialekte andeuten. Die Verwendung anglo-irischer Idiome behält Aspekte des irischen Originals einschließlich einiger lexikalischer Merkmale und syntaktischer Gliederungen bei. Anglo-irische Idiome bieten somit die Möglichkeit, einen unverkennbaren irischen Diskurs im Rahmen der englischen Sprache zu entwickeln bzw. an den Werten der Sprachbewegung festhalten zu können, ohne sich dabei vom Englischen abwenden zu müssen. Waren die anglo-irischen Idiome von Douglas Hyde und Augusta Gregory zu Übersetzungszwecken entwickelt worden, so wurden sie später von Hyde, Gregory, Synge, Yeats (unter Mithilfe von Gregory) u.a. in deren literarischen Originalkompositionen verwendet. Wir müssen außerdem anmerken, dass der Gebrauch anglo-irischer Idiome in literarischen Originaltexten auf eine Übersetzung des Irischen auf der Sprachebene hinweist. Dies ist ein subtiles Indiz für eine implizite Markierung des Textes als Pseudoübersetzung.

Ein weiterer Einfluss der Sprachbewegung auf die literarische Übersetzung spiegelt sich in den Versuchen einiger literarischer Übersetzer wie Clarke und Kinsella wider, formale irische Strukturen wie etwa die irische Prosodie in Übersetzungen zu reproduzieren. Die Verfeinerung dieses Verfahrens hat nicht nur die englischen Übersetzungen irischer Texte bereichert, sondern wurde auch ein bedeutendes Instrument für die Poetik der gesamten anglo-irischen Literatur, das beispielsweise zur Veränderung des Rhythmuskonzeptes in der gegenwärtigen englischen Lyrik genutzt wurde.

4.Schlussfolgerungen

In diesem Aufsatz wurden Wege des Einflusses beschrieben, den Macphersons Veröffentlichungen, der irische Nationalismus und die irische Sprachbewegung auf die Übersetzungen frühen irischen Materials ins Englische ausgeübt hat. Ähnliche geschichtliche Voraussetzungen haben bei wissenschaftlichen und literarischen Übersetzern allerdings zu sehr unterschiedlichen Resultaten geführt — mit dem Ergebnis, dass sich diese beiden Übersetzungstraditionen polarisierten. Während die wissenschaftlichen Übersetzer in einen mühseligen Literalismus der Übersetzung gedrängt wurden, trieb es die literarischen Übersetzer zur Adaptation und freien Refraktion, die beide unmerklich in die literarische Originalkreation übergingen. Wir treffen hier auf zwei Übersetzer- und zwei Rezipientenkreise, die als Intellektuelle im Grunde genommen das gleiche Interesse hatten: die Förderung der irischen Tradition. Doch diese beiden Kreise sind sich so uneinig wie die Gallier mit Rom oder die Iren mit den Engländern im siebzehnten Jahrhundert.

Die Polarisierung ist in gewisser Hinsicht jedoch eher augenscheinlich denn real. Wenn wir für einen Moment Abstand nehmen von den Besonderheiten dieser beiden Übersetzungstraditionen, erkennen wir nämlich, dass sie sich in ihrer Funktion gegenseitig bereichern und irgendwie sogar symbiotisch sind. So bilden die beiden Übersetzungstraditionen zusammen ein ganzes System, das seinerseits ein Untersystem des literarischen Polysystems ist. Nur durch die Existenz einer soliden literarischen Übersetzungstradition, die sowohl einer breiten Leserschaft als auch Fachleuten Texte liefert, wurden etwa Forscher aus dem Bereich des frühen irischen Materials dazu angehalten, sich auf glossenartige Übersetzungen zu beschränken. Die Aufgaben des Bekanntmachens der Texte, des Bestimmens ihres literarischen Werts, des Schaffens einer breiten Leserschaft und der Inhaltsdeutung wurden teilweise von den literarischen Übersetzern und Bearbeitern wahrgenommen. Auf ähnliche Weise hat die Existenz einer literalistisch-wissenschaftlichen Übersetzungstradition und von Ausgaben mit gegenüberliegenden wissenschaftlichen Übersetzungen, durch die Diskussionen wie jene um Macpherson und La Villemarqué vermieden werden konnten, der anglo-irischen Literaturbewegung den Freiraum verschafft, sich freien Übersetzungen und Adaptationen zu widmen und ein Literaturrevival in Irland entstehen zu lassen, das irisches Material in erheblich refraktierter Form miteinbezog.

Die theoretischen Konsequenzen dieser Studie lassen sich wie folgt beschreiben. Im Rahmen von Recherchen zur historischen Poetik ist es möglich, dass identische historische Umstände nicht unbedingt zu einer einheitlichen Tätigkeit von Übersetzern oder sogar gesamten Gruppen von Literaten führen müssen. Deshalb kann die historische Analyse einer Untergruppe von Übersetzern innerhalb eines literarischen Systems nicht aussagekräftig für das gesamte System sein oder dieses widerspiegeln. Übersetzungen bilden ein System innerhalb eines literarischen Polysystems. Das Untersystem der Übersetzungen vermag relativ einheitlich zu sein. Es kann aber auch — was typischer ist — differenziert oder sogar polarisiert sein, wie das oben behandelte Übersetzungssystem gezeigt hat. Wie die Traditionen des Übersetzens früher irischer Literatur ins Englische deutlich machen, ist es möglich, dass scheinbar unterschiedliche oder antithetische Übersetzungstraditionen einander ergänzen und sogar eine Symbiose innerhalb des literarischen Polysystems bilden. Um die Funktion und Bedeutung spezifischer Übersetzungen und spezifischer Übersetzungsweisen entschlüsseln zu können, ist es wichtig, den Standpunkt des einzelnen Übersetzers innerhalb des literarischen Polysystems als Ganzem zu kennen.

Anerkennung

Diese Übersetzung geht zurück auf die Bachelorarbeit, die Laura Fourgon im akademischen Jahr 2014–2015 an der Université de Namur vorgelegt hat. Dem Betreuer der Studienarbeit, Dirk Delabastita, sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Die Textfassung der Bachelorarbeit wurde vor der Veröffentlichung von Christian Palm gründlich überarbeitet.

Anmerkungen der Übersetzer

1.In einigen Abschnitten wird im Englischen die zweite Person des Personalpronomens, „you“, gebraucht. Da es im Deutschen einen Unterschied zwischen Siezen und Duzen gibt, wussten wir nicht, welche Anrede wir verwenden sollten. Aufgrund des ‚informellen‘ Diskurses haben wir uns für die „Du“-Variante entschieden.
2.Das Wort „dochrud“ kann für das Erscheinungsbild im Sinne von ‚ungestalt, unansehnlich, hässlich‘ [‚unshapely, unsightly, ugly‘] verwendet werden, kann aber auch für Zustände und moralische Handlungen oder Eigenschaften im Sinne von ‚unziemlich, unschicklich, herabstufend‘ [‚unseemly, indecorous, degrading‘] stehen. Siehe hierzu Contributions to a Dictionary of the Irish Language (1942- ) s.v.
3.Da wir keine passende Übersetzung für das Nomen „antiquarians“ gefunden haben, verwenden wir es unübersetzt, aber mit deutscher Großschreibung („Antiquarians“). Gemeint sind hiermit Liebhaber und Erforscher der nationalen irischen Vergangenheit.

Literaturnachweis

Bassnett-McGuire, Susan
1980Translation Studies. London and New York: Methuen.
Bowen, Charles
1975 “Great-Bladdered Medb: Mythology and Invention in the Táin Bó Cúailnge ”. Eire-Ireland 10:4. 14–34
Contributions to a Dictionary of the Irish Language
1942-Dublin: Royal Irish Academy.
Evans, E. Estyn
1975Irish Folk Ways. London and Boston: Routledge and Kegan Paul.
Even-Zohar, Itamar
1978Papers in Historical Poetics. Tel Aviv: Porter Institute for Poetics and Semiotics.
Gray, Elizabeth A.
1982Cath maige Tuired, The Second Battle of Mag Tuired. Naas: Irish Texts Society.
Gregory, Augusta
1976Gods and Fighting Men: The Story of the Tuatha de Danann and of the Fianna of Ireland 1904 Rpt. Gerrards Cross: Colin Smythe.
Mercier, Vivian
1962The Irish Comic Tradition. Rpt. London, Oxford and New York: Oxford University Press 1969.
Stokes, Whitley
1891 “The Second Battle of Moytura”. Revue celtique12. 52–130, 306–308.
Toury, Gideon
1980In Search of a Theory of Translation. Tel Aviv: Porter Institute for Poetics and Semiotics.
Tymoczko, Maria
1982 “Strategies for Integrating Irish Epics into European Literature”. Dispositio 7:19-20-21. 123–140.
1983 “Translating the Old Irish Epic Táin Bó Cúalnge: Political Aspects”. Pacific Quaterly Moana 8:2.6–21.
1987 “Translating Humour in Early Irish Hero Tales: A Polysystems Approach”. New Comparison 3.83–103.

Anhang

Als er weiterging, sah er ein Mädchen vor sich, eine gut aussehende junge Frau mit einer tollen Figur, ihr Haar war wunderschön geflechtet. Der Dagda begehrte sie, aber er war aufgrund seines Bauches impotent. Das Mädchen begann sich über ihn lustig zu machen. Dann begann sie mit ihm zu ringen. Sie warf sich auf ihn, so dass er bis zu seinem hohlen Hinterteil in der Erde versank. Er schaute sie böse an und fragte: „Mit welcher Absicht wolltest du, Mädchen, mich von meinem rechten Weg abbringen?“

„Diese Absicht: dich dazu zu bringen, mich auf deinem Rücken zum Haus meines Vaters zu tragen.“

„Wer ist dein Vater?“, fragte er.

„Ich bin die Tochter des Indech, des Sohnes des Dé Domnann“, sagte sie.

Sie warf sich erneut auf ihn und schlug heftig auf ihn ein, so dass sich die Furche, die ihn umgab, mit dem Exkrement seines Bauches füllte; und sie verspottete ihn dreimal, damit er sie auf seinem Rücken tragen würde.

Er sagte, dass es für ihn ein ges wäre, eine Person zu tragen, die ihn nicht bei seinem Namen nennen würde.

„Wie ist dein Name?“, fragte sie.

„Fer Benn“, sagte er.

„Dieser Name ist zu viel!“, sagte sie. „Steh auf, trage mich auf deinem Rücken, Fer Benn.“

„Das ist tatsächlich nicht mein Name“, sagte er.

„Wie lautet er?“, fragte sie.

„Fer Benn Brúach“, antwortete er.

„Steh auf, trage mich auf deinem Rücken, Fer Benn Brúach“, sagte sie.

„Das ist nicht mein Name“, sagte er.

„Was ist?“, fragte sie. Dann erzählte er ihr die ganze Sache. Sie erwiderte sogleich und sagte: „Steh auf, trage mich auf deinem Rücken, Fer Benn Brúach Brogaill Broumide Cerbad Caic Rolaig Builc Labair Cerrce Di Brig Oldathair Boith Atgen mBethai Brightere Tri Carboid Roth Rimaire Riog Scotbe Obthe Olaithbe. . . . [sic] Steh auf, trage mich weg von hier!“

„Mach dich nicht noch einmal über mich lustig, junges Mädchen“, sagte er.

„Es wird sicherlich schwer sein“, sagte sie.

Dann kam er aus dem Loch heraus, nachdem er den Inhalt aus seinem Bauch entlassen hatte und das Mädchen darauf lange gewartet hatte. Dann stand er auf und nahm das Mädchen auf seinen Rücken; und er steckte drei Steine in seinen Gürtel. Ein Stein nach dem anderen fiel hinunter — und man behauptete, dass es seine Hoden wären, die hinunterfielen. Das Mädchen sprang auf ihn und schlug ihm auf den Hintern, und ihr gekräuseltes Schamhaar wurde enthüllt. Dann gewann der Dagda eine Geliebte, und sie schliefen miteinander. Am Beltraw Strand, wo sie zusammenkamen, bleibt eine Spur zurück… (Gray 1982, 47–49)

Korrespondenzanschrift

Maria Tymoczko

Department of Comparative Literature

University of Massachusetts

AMHERST, MA 01003

USA